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Bluewater Mooney - BLUEWATER MOONEY 20.11.2022; 21.11.2022




Alles ok!

Gestern, am 20.11. war der Start vor dem Hafen von Las Palmas, Gran Canaria.

Unsere Division startete als letzte mit etwa 80 Schiffen. Da wollten wir uns „hinten anstellen“, denn Manöver zu zweit brauchen Zeit und Vorbereitung, und da kann selbst eine Wende ,um anderen Wegerecht zu geben, eine Herausforderung werden, damit alles klappt.

Aber es kam natürlich wieder anders. Mit dem ersten Signal - 10 Minuten vor dem Start - hatten wir schon eine gute Position, und dann wurde zwischen etlichen Yachten taktiert, um als eine der ersten über die Startlinie zu gehen - und es hat gut geklappt. Wir hatten einen nahezu „Null“ Start.

In Anbetracht der Strecke von ca. 2400 sm und einer durchschnittlichen Zeit von 20 Tagen völlig egal. Und natürlich kann man, wie es viele schätzen, auch einfach an irgend einem Tag im November die Leinen loswerfen um auf die andere Seite des Atlantiks zu fahren. Hat sicherlich auch etwas, aber wir lieben die Atmosphäre der ARC mit allem, was dazu gehört. Alle Schiffe sind geflaggt. In der Woche vor dem Start war die Anspannung greifbar. An über 250 Schiffen werden noch letze Vorbereitungen gemacht. Überall werden Ersatzteile und Ausrüstungsgegenstände heran geschafft, überall wird repariert oder wenigstens gewartet Die Läden der Ausrüster im Hafen sind brechend voll. Techniker kommen kaum vom Steg, weil sie nach einem Job sofort von anderen Eignern abgepasst werden. Irgendwo kommen immer neue Crewmitgleider an. Tonnenweise werden Lebensmittel und Getränke für über 1000 Segler für die nächsten 20 Tage (also 20.000 Tagesportionen) durch Transporter der Supermärkte, Markstände und Fleischverkäufer bis an die Schiffe angeliefert, und das bis in die Nacht vor der Abfahrt. Die Stege sind voll von Crews, die ihr Obst waschen und trocknen. In den Hafenrestaurants und Bars ist Hochstimmung. Die ARC Ausrichter veranstalten zudem neben etlichen Seminaren Partys und Sun Downer Treffen.

Dann die Ausfahrt aus dem Hafen, die unter dem Beifall von hunderten Besuchern an den Hafenanlagen begleitet wird.

Und auf einmal beginnt das Leben auf und mit dem Schiff, welches wir immer als eigenen Kosmos empfinden. Wir haben zudem das besondere Glück, dass wir die Zeit zu zweit genießen dürfen. Eine sehr besondere Herausforderung, die wir auch immer als persönliche Challenge empfinden. Aber auch das ist ein Teil des Reizes, der uns jeden Törn als etwas besonderes, mit nichts vergleichbaren erfahren lässt. Jetzt könnte ich lange philosophieren, zum Beispiel über das besondere Abhängigkeitsverhältnis vom Menschen zur Natur auf einem Schiff, aber vermitteln kann man es vermutlich nicht, man kann es nur erfahren. Daher will ich nur auf eine Frage antworten, die immer wieder gestellt wird - „Wird es nicht langweilig, 20 Tage nur Wasser?“ Natürlich nein! Auf See ist alles anders, alles intensiver, alles bewusster, aber auch, und insbesondere entschleunigt. Gerade bei einer solchen Fahrt. Wenn wir zum Beispiel von Barcelona nach Mallorca segeln, planen wir die Abfahrt, die Stunde der Ankunft, und dann schauen wir zwischendurch auch auf die Uhr. Hier ist alles anders. Das Schiff und die Navigation brauchen viel Aufmerksamkeit, das aber rund um die Uhr. Abends weiß man nicht, warum die Sonne schon wieder untergeht. Man hat das Gefühl, praktisch nicht gemacht zu haben. Dabei hat man sehr viel Zeit für sich, die man mit „nichts“ ausfüllt. Man sitzt im Cockpit und schaut auf das Wasser und die Wolken, und merkt nicht, dass man, zum Teil Stunden damit verbracht hat. Der Rest der Zeit wird durch die Tagesroutine ausgefüllt, die bei uns keinem Zeitplan unterliegt. Ein weiterer Luxus einer „Zwei-Mann“ Crew - ich bleib mal bei diesem Ausdruck. Und zum Schluss kommt die Enttäuschung, dass man schon angekommen, und alles wieder normal ist.

Nun sind wir fast 40 Stunden unterwegs. Nicole schläft, es ist 02:00 Uhr nachts. Ich sitze am Kartentisch, habe den Überblick, sollte etwas um uns herum auf dem Kartenplotter passieren. Allerdings hat sich das Feld der Yachten in der ersten Nacht so weit auseinander gezogen, dass wir seit heute Morgen nur ganz gelegentlich ein anderes Schiff mit bloßen Augen sehen konnten. Der Plotter zeigt jedoch alle Schiffe im Umkreis von etwa 50 sm, und da sind nur noch einige wenige zu sehen.

Nach dem letzten Positionsreport liegen wir ganz gut im Verhältnis zum Feld. Unsere direkten Konkurrenten sind die Schiffe aus der Division C. Hier gibt es einige Boote mit einer wesentlich besseren Performance, zum Beispiel eine Swan 65 oder zwei 56, aber zum Schluss werden die Zeiten mit Faktoren weitestgehend vergleichbar gemacht. Zu zweit können wir sowieso nicht so optimiert segeln, wie wir es mit Crew in den ARC davor konnten. So laufen wir jetzt zum Beispiel „platt vor dem Laken“ d.h., der Wind kommt von hinten, wir haben die Genua nach Steuerbord ausgebaut, das Großsegel steht auf der Backbordseite. Richtigerweise würde man „vor dem Wind kreuzen“, also den Wind schräg von hinten nehmen, und so in einem Zick Zack Kurs fahren. Das ist weiter, aber schneller. Wir müßten dann aber in der Nacht drei bis vier Halsen fahren. Und der Vorteil ist nicht so groß, denn wir laufen jetzt 8 - 9 kn bei 25 kn Wind. Viel mehr könnten wir ohnehin nicht herausholen. Zudem müssen wir uns erst einmal eingewöhnen. Ich leide in den ersten Tagen immer unter Schlafmangel, weil ich immer mit einem Ohr beim Schiff bin. Also schlafe ich nicht länger als zehn Minuten. In den letzten 40 Stunden etwas 4 Stunden. Wir gehen keine festen Wachen, aber ich habe die Wache von 02:00 Uhr bis 06:00 Uhr. Wenn nichts dazwischen kommt, darf Nicole in dieser Zeit schlafen. Das Schiff ist für Nicole ohnehin wie eine Wiege. Egal was ist, Nicole kann schlafen, teilweise am Anfang eines Törns bis zu 20 Stunden. Und das ist gut so!

Noch kurz zum Wetter , der Route und der Taktik:

Wir hatten in den ersten 20 Stunden Starkwind mit Sturmböen von achtern. Die Wellen kann ich nicht so gut schätzen, aber sie waren sicherlich 3 - 4 Meter und sind teilweise gebrochen. Für uns und die größeren Yachten war das ok. Allerdings sind etliche kleinere Yachten, zum Teil mit Kindern und Babys, unterwegs. Kleiner bedeutet, dass diese Yachten von den Wellen ganz anders bewegt, heißt aus dem Kurs gedrückt werden. Wir haben die Arbeit dem Autopiloten überlassen, der perfekte Arbeit geleistet hat, und trotzdem wurde das Schiff einige Male aus dem Kurs gedrückt. Bei den kleineren Yachten geschieht dies öfters, und zudem ist die Reaktionszeit geringer. Also alle Hochachtung gegenüber diesen Crews! Ein ARC Teilnehmer meldete einen Welleneinschlag. Das kann schon mal, insbesondere bei kleineren, weil niedrigeren Yachten passieren. Die Welle bricht und ergießt sich ins Cockpit. Vorliegend hatte die Crew jedoch den Niedergang nicht verschlossen, und mußte daher erhebliche Wassermengen innen melden. Nach unserem Kenntnisstand konnten sie jedoch den Schaden beseitigen und weiter fahren. Ein anderes Schiff - kein ARC Teilnehmer - musste wegen Wassereinbruchs aufgegeben werden. Die Crew wurde abgeborgen.

In den nächsten Tagen erwarten wir zunächst abnehmenden Wind. Üblicherweise fährt man - so hat es schon Christoph Columbus gemacht, der zu seinen Reisen ebenfalls nach einem letzten Stop von Gran Canaria aufgebrochen ist, in Richtung Kapverden, und dreht dann nach Erreichen des Passats nach Westen ab. In diesem Jahr zeigen die Wettermodelle, dass man etwas weiter als üblich östlich in Richtung Kapverden segelt, und erst recht spät abdreht. Trotzdem bleiben wir recht deutlich auf westlicherem Kurs. Damit dürfte der zumindest ganz überwiegende Teil der ARC Flotte östlich von uns segeln, und ab Donnerstag bessere Windverhältnisse haben. Wir haben uns für weniger Wind entschieden, weil wir dabei ein Refresher mit unserem Spinacker machen wollen. Es ist eine Zeit her, dass wir ihn zu zweit gesegelt haben. Der Spinacker ist ein Ballonsegel, 180 qm, und wird mit einem Spinackerbaum gefahren. Für eine zwei Mann Crew eine Menge Handgriffe bis er oben und später auch wieder unten ist. Da ist leichter Wind ganz hilfreich - und dann können wir ihn, wie 2015, wenn alles stimmt, auch nachts fahren. Das bedeutet allerdings immer einsatzbereit zu sein, um eingreifen zu können. Das heißt wiederum - geschlafen wird im Cockpit - aber bis dahin haben wir nachts Temperaturen von über 20 Grad. Der Ehrgeiz, weit vorne zu liegen, ist also auch noch auf der Überfahrt dabei!


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