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Vitamin Sea - Vitamin Sea - Tag 16: Von Adrenalin und blanken Nerven, Dienstag, der 05. Dezember 2023



Die Nacht vom 04. auf den 05. Dezember 2023: Adrenalin pur

Ja, sie existieren wirklich - diese roten, langgezogenen Squall-Fronten, die sich wie aus dem Nichts auf dem Radar zeigen und unaufhörlich zu wachsen scheinen, während sie näherkommen. Bisher waren wir von ihnen verschont geblieben, und ehrlich gesagt, hätte gerne so bleiben können.

 

Diese Nacht wird uns allen noch lange in Erinnerung bleiben. Die Wetterprognosen haben sich bewahrheitet, und es gab keinen Raum für Zweifel - wir befanden uns nun definitiv im Squall-Gebiet. Die Windgeschwindigkeiten erreichten, wie vorhergesagt, durchschnittlich 22 Knoten, oft sogar 25 Knoten und in Spitzen bis zu 34 Knoten. Es fühlte sich an, als würden wir mit einem riesigen Schlitten den Berg hinuntersausen, nur dass unser Schlitten in diesem Fall unser Katamaran war.

Eine Unwetterfront jagte die nächste. Jede unserer Nachtschichten war betroffen, und Peter fand so gut wie gar keinen Schlaf im Salon, weil es immer etwas zu tun gab. Volle Konzentration war gefordert. Alles stand unter Wasser, und das heftige Schwanken des Bootes wurde zur Normalität. Ich bin sicher, dass wir in dieser Nacht jede Menge Kalorien verbrannt haben, allein durch das Ausbalancieren des Gleichgewichts.

 

Als ich um 3 Uhr meine Wache antrat, zeigten sich auf dem Radar gleich drei große Squalls, die sich innerhalb von nur 5 Minuten zu einem einzigen großen roten Fleck zusammenfügten. Wir gerieten hinein, und es wurde echt unangenehm. Der Wind schoss auf 35 Knoten, Wasser schien aus allen Ritzen zu kommen. Nur Nicolas bekam von dem Squall nichts mit und verschlief ihn.

 

Im Verlauf der Nacht näherte sich unser Nachbarboot bis auf zwei Meilen und blieb verlässlich hinter uns. Irgendwie war es beruhigend, nicht allein in dieser Unwetterfront zu sein. Wir wussten, dass wir uns aufeinander verlassen konnten, falls einer von uns in eine schwierige Situation geraten würde.

 

Unterm Strich war dies die bisher schlimmste Nacht unserer Überfahrt. Sie hat uns alle auf die Probe gestellt. Aber gemeinsam haben wir es gemeistert. Jetzt bleibt abzuwarten, was der Morgen bringt.

 

Extreme Windgeschwindigkeiten: Gefordert bis an die Grenzen

Die Ereignisse der vergangenen Stunden hatten uns wirklich auf die Probe gestellt. Wenn ich gewusst hätte, dass so das letzte Drittel unserer Reise aussieht … Ich muss sagen, so extrem habe ich mir es nicht vorgestellt.

 

Die letzte Nacht hatte uns ja bereits über Stunden breite Unwetterfronten beschert.  Der Tag hat die Erlebnisse noch übertroffen. Wir sahen Windgeschwindigkeiten bis zu 40 Knoten, während wir mit beindruckenden 15 Knoten im absoluten Peak über die Wellen sausten. Es fühlte sich an, als würden wir von der Kraft der Wellen förmlich nach vorne katapultiert.

 

Auf dem Radar zeigten sich immer wieder Squalls hinter uns, die sich nach kurzer Zeit zu großen Flächen verbanden und uns zu folgen schienen. Um so gut es ging die Kontrolle zu behalten entschieden wir uns, weiterhin im zweiten Reff zu segeln.

 

Besonders beunruhigend waren die Blitze, die immer wieder über dem Meer aufleuchteten. Die Kinder hatten Angst, von einem Blitz getroffen zu werden. Peter erklärte bei der Gelegenheit nochmal, wie Blitze auf unserem Katamaran abgeleitet werden. Die beste Vorgehensweise wäre, sich einfach auf das Bett zu legen und kein Metall zu berühren.

 

Im Falle eines Einschlages würde keine Elektronik mehr auf dem Boot funktionieren. Die Motoren würden ausfallen, Starlink, ebenso wie das AIS-System. Aber unser magnetischer Kompass würde für die Navigation noch funktionieren, dass wir nach St. Lucia segeln könnten. Sicherlich würde uns aber die ARC vermissen werden und uns suchen. So zumindest die Hoffnung.

 

Sicherheitshalber habe ich zusätzlich recherchiert, wie Blitzeableitung auf Katamaranen funktioniert und wie man sich am besten verhält:

  • Bei Katamaranen dient der Mast als Blitzableiter, der den Blitz ins Wasser ableitet.
  • Auf einem Katamaran ist die Blitzableitung besonders wichtig, da der Mast in der Mitte des Bootes steht und Blitzschlag erhebliche Schäden verursachen kann.
  • Dieser Mast ist aus einem leitfähigen Material, in der Regel aus Aluminium gefertigt.
  • Die Ableitung erfolgt über ein Kabel, das den Blitzableitermast mit dem Wasser verbindet, wo die elektrische Energie sicher ins Wasser abgeleitet wird.
  • Die Crew sollte sich während eines Gewitters von allen Metallteilen des Bootes fernhalten, da Metall den Blitz leiten kann.

 

Der Regen wollte einfach nicht stoppen. Und wir stellten fest, dass Wasser durch die Decke im Salon tropfte. Echt ärgerlich. Nicolas hat schnell die Decken-Platte abzumontieren, damit wir noch während des Regens herausfinden konnten, wo das Leck war. Bei diesen Windgeschwindigkeiten eine echte Herausforderung. Gefunden haben wir es in der Nacht nicht wirklich, aber den Deckenzwischenraum mit Handtüchern ausgelegt und das Wasser provisorisch gestoppt. Erst am nächsten Morgen sind wir auf das Dach zum Mastfuss und konnten eine undichte Silikondichtung identifizieren, die wir erst mal provisorisch verschlossen haben.

 

Anna bewies in dieser extremen Situation beeindruckende Gelassenheit und sagte: "Lass uns jetzt Karten spielen. Wir werden schon nicht unter gehen, und wenn doch, dann hat Gott das so vorgesehen." Also spielten wir Karten und haben das Beste daraus gemacht.

 

Schließlich gingen wir wie gewohnt in unsere geplanten Nachtwachen und wir hofften auf eine ruhigere Nacht. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

 

Kulinarisches Tag 16:

  • Mittag: Indisches Tomaten-Zucchini Gemüse mit Reis (weil es bei allen gute Stimmung bringt)
  • Abend: Japanische Gyozas (weil es schnell, convinient und lecker sein sollte)

 

 

 



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