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Ranja - Erste Woche



Sonntag, 22.11.09

Um 9 Uhr sind wir aufgestanden. Es gibt noch einige Sachen zu verräumen und seetauglich zu verstauen. Klar gönnen wir uns auch ein ordentliches Frühstück und eine letzte Dusche. Aus den Boxen der Texaco-Tankstelle dröhnt laut Musik über den ganzen Hafen.

Um halb 11 beginnen die ersten Schiffe auszulaufen. Es herrscht Feststimmung. Eine Guggenmusik kommt bei allen Stegen vorbei. Wir machen Ranja endgültig startklar. Jetzt darf nichts mehr im Cockpit lose herumliegen. Mit Ron, unserem Nachbarn, haben wir uns abgesprochen, dass wir erst um 12 Uhr auslaufen. Langsam leert sich auch unser Steg. Man winkt einander zu und wünscht sich eine gute Reise. In der Hafenausfahrt reihen sich die Schiffe eng hintereinander. Ron wirft die Leinen kurz vor uns los. Die Mooringleine am Heck hat er aus lauter Aufregung ganz vergessen. Wir können ihm gerade noch rechtzeitig zurufen. Auch uns ist es ein bisschen mulmig zumute. Es geht hektisch zu in der Ausfahrtsschlange. Auf den Wellenbrechern haben sich viele hundert Zuschauer eingefunden. Der Neuenburger, die Vorarlberger, die Schweden und Martin winken uns besonders zu.

 

Noch im Hafenbecken setzen wir das Grosssegel und fahren langsam auf die Startlinie zu. Sobald der Startschuss erfolgt, setzen wir die Genua 1 und fahren los. Dank Binnenrigg und Leichtwind erwischen wir einen super Start und holen sogar grosse Schiffe auf. Zahara von Ron und Cantare von den Schwedinnen verlieren wir schnell aus den Augen.

Mit der Zeit löst sich das Feld und auch die Anspannung auf. Einige Schiffe sind uns ziemlich nahe gekommen.

Per Funk erfahren wir, dass auf einer Schweizer Amel Coq au Vin gekocht wird und dass sie mit 9 kn unterwegs sind. Wir sind bescheidener unterwegs: 6.5 kn und aufgewärmte Spaghetti.

 

Wir weichen der Wind-Accelerationszone und dem Windschatten der Kanaren gegen Osten aus. Der Wind bläst mit 5 ? 6 Bf und wir kommen zackig voran. Die Lichter der anderen ARC-Schiffe verlieren sich über die Nacht. Bereits am Montagmorgen sehen wir keine Schiffe mehr.

 

Montag, 23.11.09

Wegen des starken Windes hat es hohe Wellen und Schwell. Wir wollen den Wetterbericht von 12 Uhr runterladen und dann entscheiden, ob wir die Genua 1 durch die Genua 3 ersetzen müssen. Falls der Wind abnimmt lassen wir die Genua 1 stehen, nimmt er weiter zu müssen wir die Genua 3 setzen. Der Wind kommt dem Wetterbericht zuvor. Unsere betagte Genua 1 zerreist es zum letzen Mal. Das Segel ist entzwei. Das ist nicht gerade der Start, den wir uns erwünscht haben. Die Genua wäre unser Trumpf bei mittelstarkem Wind gewesen und hätte uns einen grossen Teil über den Atlantik ziehen sollen.

Es bleibt uns nichts anderes übrig als die kleinere Genua 3 zu setzen und die Genua 1 an die Fussreling zu bändseln. Den ganzen Tag hat es viel Wind und hohe Wellen. Martin erwischt die Seekrankheit und muss sich einmal übergeben. Nach dem Nachmittagsschlaf geht es ihm wieder besser. Mirjam geht es gut, ausser dass sie nicht den grössten Appetit hat. Wir werden uns ans Schaukeln gewöhnen müssen.

 

In Martins Nachtwache kommt ein Vogel zu Besuch. Nachdem er aber zweimal ins Cockpit geschissen hat, hat der Schwarzfahrer die Möglichkeit verspielt und muss schleunigst über Bord.

 

Dienstag, 24.11.09

Heute haben wir den Salat am Mittag mehr geniessen können. Wir haben via ARC-Office erfahren, wo Ron und Cantare sind. Wir sind alle in etwa gleich auf, obwohl wir eindeutlich die südlichste Route genommen haben. Als der Wind nachlässt, baumt Martin die Genua aus und wir fahren mit dem Gross Schmetterling. Zuerst ist der Kurs zu südlich und wir müssen bald schon shiften. Danach ist der Kurs etwas besser. Man hat beim Segeln mit Schmetterling nicht so viele Möglichkeiten. Wir trauern etwas unserer Genua 1 nach, ohne sie ist die Passatbesegelung nämlich unmöglich geworden.

 

Zum Znacht gibt es ein seglerisches Festtagsmahl. Frische Rüebli, Albondigas und Stocki. Wir haben uns an die Wellen gewöhnt und können richtig zugreifen. Am Abend frischt der Wind auf und wir machen viel zu viel Speed, als dass es noch gemütlich wäre. Es rumpelt ungeheuer und der Schreck der zerrissenen Genua 1 liegt uns immer noch im Nacken. Keinem von beiden gelingt es in den Nachtruhen richtig zu schlafen. Zum Glück erholt man sich auch beim Dösen.

 

Mittwoch, 25.11.09

Wir sind fleissig am Abfall trocknen und essen uns durch die zu schnell reifenden Früchte. 5 Avocados waren schon fällig. Ausser einer zerdrückten Banane ging aber noch nichts über Bord. Heute Nachmittag gibt es Kakis.

Um etwas mehr Kurs Richtung West zu machen, shiften wir die Genua und fahren nun beide Segel auf der gleichen Seite. Der Kurs ist ruhig aber nicht befriedigend, weil die Genua im Windschatten des Gross nicht optimal steht. Über den Nachmittag kommen wir viel zum Lesen. Zum Znacht gibt es die Resten vom Vortag und wir schneiden den Biber vom Max an. Mega fein!

 

Bevor es dunkel wird, d.h. um 18 Uhr bergen wir das Grosssegel um hoffentlich diesmal eine ruhigere Nacht zu haben. Mirjam übernimmt die Schicht bis 1 Uhr, Martin macht danach bis 8 Uhr. Im Cockpit ist es pflutschnass, weil Wind und Gischt immer wieder den Weg ins Cockpit finden. Wir haben die Schotten nun immer geschlossen. Dies schützt vor Feuchtigkeit, macht aber das Ein- und Aussteigen aus dem Mittschiff schwieriger. Während der Nacht sehen wir unzählige Sterne, aber keine Schiffe. Wir kämpfen manchmal gegen die Müdigkeit. Zum Glück piepst die Casio-Uhr alle 20 min zum Aufruf für den Rundumblick und zum Check des Kurses und der Segel. Die Uhr piepst auch während des Tages, da man schnell mal die Zeit vergisst. Derjenige der die Watch trägt hat die watch.

 

Donnerstag, 26.11.09

Ein Rührei mit Speck stärkt uns am Morgen. Diesen verbringen wir Klatschheftli lesend. Als die Sonne mal eine Lücke durch die Wolken gefunden hat, gönnen wir uns eine Süsswasserdusche im Cockpit. 2 Liter pro Person reichen aus. Die Genua 1, die wir seit dem Riss nicht mehr angerührt haben, lassen wir auf dem Vorschiff trocknen. Wir haben den Wendekreis des Krebses letzte Nacht überschritten, aber von tropischem Klima ist nichts zu spüren. Wir freuen uns darauf, dass wir unser Ölzeug gegen die Badehose austauschen können.

Am Nachmittag gönnt sich Martin ein Schläfchen und Mirjam kann ihr Buch nicht weglegen. Der Wind hat nachgelassen und wir machen noch knapp 5 kn Fahrt.

Vor dem Znacht wollen wir etwas Neues ausprobieren. Die Hightechgenua, die wir seit dem Mittelmeer nicht mehr gebraucht haben, wollen wir fliegend und ausgebaumt fahren. Wir können sie vor dem Wind nur fliegend fahren, weil sonst das Segel zu stark am Bugkorb scheuern würde. Genua 3 bergen und Hightechgenua setzen ist eine ganze Menge Arbeit. Aber das Resultat lässt sich sehen. Unser improvisierter Gennaker zieht uns sofort mit über 6 kn. Wir sind stolz auf unser Werk. Der untere Teil des Segels ist leider auch nicht mehr der jüngste. Wegen der vielen Falten und spröden Stellen haben wir nicht den Mumm das Segel über die Nacht oben zu lassen. Gerade noch vor dem Eindunkeln haben wir das Ganze wieder rückgängig gemacht. Zum Znacht gibt es Peperroni-Couscous mit Bockwürsten. Die Nacht ist durch die langsame Fahrt relativ ruhig und wir können besser schlafen. Auf den Nachtschichten sitzen wir beide mit der Stirnlampe und Buch im Cockpit. So vergeht die 6-h-Nachtwache wie im Flug.

 

Freitag, 27.11.09

Heute ist die Temperatur angenehmer. Die Badehosenzone kommt eindeutig näher. Zum Zmorge gibt es Kiwi-Bananen Müesli. Die Bananen sind jetzt alle reif, d.h. die Bananenwoche ist eröffnet. Leider sind die Kiwis auch schneller reif geworden, als erwartet. In den nächsten Tagen wird es uns an Vitaminen kaum fehlen.

 

Nach dem Mittag versuchen wir nochmals die Hightechgenua zu setzen, nachdem wir sie präventiv an den Problemzonen mit Tape gestärkt haben. Die ganze Aktion ist ein echter Kampf. Noch bevor sie richtig steht, löst sich aus unerklärlichen Gründen die Rolle aus dem Spibaumnock. Die Genua killt. Aus Angst um das Tuch und das gesamte Rigg bergen wir sie blitzschnell und begraben das Thema Hightechgenua endgültig. Für die Überfahrt gibt es nur noch eins, nämlich Parasailor oder ausgebaumte Genua 3. Schmetterling ist uns mit den hohen Wellen zu heikel, da das Grosssegel trotz Bullentalje immer mal wieder backstehen möchte.

 

Segeln mit unserer Ranja ist schon schön, doch eine Rollanlage mit Passatbesegelung wäre eine gute Investition gewesen.

 

Am Nachmittag hat es wenig Wind. Doch für die zwei verbleibenden Stunden möchten den Parasailor nicht mehr setzen. Dafür bleibt Zeit für einen aufwändigeren Znacht. Die Omeletten mit Gemüse-Pilz- und Corned Beef-Füllung schmecken vorzüglich.

 

Über die ganze Nacht hat es wenig Wind, so dass wir nur 4.5 Kn Fahrt machen. Andere Segelschiffe sind auch nicht viel schneller unterwegs. Ein Positionslicht eines Segelschiffes begleitet uns mehrere Stunden durch die Nacht.

 

Samstag, 28.11.09

Fertig mit der Trödelei. Um neun hissen wir den Parasailor. Anstatt der 4 kn Fahrt machen wir nun 6-7 kn. Das ist Balsam für die Seglerseele. Martin macht sein alltägliches Schläfchen heute am Morgen, Mirjam liest sich durch die Klatschheftchen. Am Mittag rechnen wir das letzte Tagesetmal aus (gesegelte Strecke von 12 Uhr ? 12 Uhr gerechnet). 114 nm ist unser Minusrekord. So gelangen wir nie nach St. Lucia. Unser Schnitt liegt sonst bei 130 nm oder mehr. Dank Norbert, Cornelia und Claudia wissen wir immer aktuell, wo sich unsere Mitstreiter befinden. Gerade haben wir erfahren, dass ihr letztes Etmal auch nicht grösser ist. Das tat gut.

Zum Zvieri gibt?s einen Bananenmilkshake Deluxe. Es sieht nun einiges besser aus mit unserem Bananenvorrat. Die letzten sechs wissen wir sicher auch noch zu verwerten.

 

Der Wind dreht seit dem Nachmittag immer mehr nach Ost, so dass wir jetzt platt vor dem Wind fahren können. Auf der Ranja herrscht emsiges Treiben. Wir füllen die leeren Tanks mit der Entsalzungsanlage, tippen Berichte, schrauben an der Windfahnensteuerung rum und trimmen den Parasailor fortlaufend. Da mit dem Parasailor alles rund läuft, wollen wir ihn auch in der Nacht, solange wie möglich oben lassen. Darum bergen wir ihn vorerst kurz, um das Fall und den Spibaum zu kontrollieren. Die Belastung auf das Material ist nämlich immens. Wir staunen nicht schlecht, unser Spifall ist schon halb durchgescheuert. Der Spibaum hat der Belastung ohne Schäden standgehalten. Nachdem wir das Fall gekürzt haben, ziehen wir den Parasailor so hoch als möglich, damit es weniger scheuern kann.

 

In der Nacht werden wir auf ein klackerndes Geräusch im Mast aufmerksam. Es hängt mir dem Spifall zusammen, was uns veranlasst den Parasailor zu bergen. Also geht es etwas gemächlicher mit der Genua 3 durch die Nacht.

 

Sonntag, 29.11.09

Unser Müesli ist heute der Hit. Es kann in Sachen Früchteauswahl locker mit den besten Hotelfrühstücksbuffets mithalten.

Der Wind hat jetzt sogar etwas über Ost gedreht, so dass wir die Genua 3 momentan nach Luv ausgebaumt haben.

 

Heute sind wir seit einer Woche unterwegs. Seit dem dritten Tag ist die Seekrankheit kein Thema mehr und wir fühlen uns wohl.

Man spürt nun den Süden, denn mittlerweile ist es richtig warm geworden und die Westrichtung lässt die Sonne jeden Tag etwas später auf- und untergehen. Wir haben einen guten Rhythmus gefunden und die Zeit vergeht wie im Nu.

 

Mirjam und Martin, SY RANJA




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