Ich beginne diesen wohl letzten blog von hoher See
während eines Badestopps zu schreiben, 80 nm östlich von St. Lucia. 2-4 kn
Wind aus NE erlauben ausgiebiges planschen ohne dem Boot hinterherzukraulen und
ohne ausgebrachte Sicherungsleine. Wir wollen hier noch einige Stunden verweilen
und unsere Fahrt erst am nachmittag fortsetzen, um nicht mitten in der Nacht in
St. Lucia einzulaufen, sondern Samstag früh zum Sonnenaufgang.
Das erwartete Flautenloch (so sieht es auf der
Wetterkarte aus: grosse weisse Fläche ohne Windpfeile auf einem Bildschirm mit
bunten Windpfeilen rund um uns herum) war von uns nicht mehr zu umfahren, also
geradeaus hinein. Noch ein paar Schläge nach Norden und Süden bei drehendem
zugleich abnehmenden Wind, das war nur nochr Unterhaltungsprogramm mit müdem
Segeln, aber ohne Distanzverringerung. Dann die Meinungsbildung: Klares Votum
der Crew gegen mich, kein Aussitzen der Flaute, Motor an und Richtung St. Lucia
tuckern. Wasser, Diesel, Nahrungsmittel hätten noch leicht für einige Tage
gereicht, anders als bei zahlreichen anderen Booten. Doch die Sehnsucht nach
festem Boden unter den Füssen wog schwerer. Und so motoren wir seit Dienstag
abend über eine spiegelglatte See mit sanften weitgestreckten Wogen - mit
Segel-Unterbrechungen, wenn der Wind 8 kn übertrifft.
In der Flaute reine Vergnügungsfahrt: Lesen,
schlafen, tiefgehende und oberflächliche Unterhaltungen, Badestops usw,
während Maschine und Autopilot uns gemächlich dem Ziel näher bringen. Nach
unserer Thuna-intensiv-Kur mag keiner mehr die Angel bedienen, es könnte ja
nochmals ein Fisch anbeissen, nicht vom Haken springen und uns zu einer
erneuten Fischverzehrorgie zwingen, da essen wir lieber Spagetti
Peturesca, Linseneintopf, Bratkartoffeln, Pfannkuchen, Brotzeiten mit Käse
und Speck und fast unglaublich, gestern (18. Tag!), den letzten
Obstsalat. Das Bier ist vorzeitig aus.
Käme ein ARC-Kollege mit Dieseldefizit vorbei,
würden wir Bier gegen Diesel tauschen. Es gibt noch ausreichend Säfte, Milch,
Wein, Sekt, Campari Orange und in grossen Mengen Mineralwasser, so dass sich bei
Wunsch nach Feierlichkeit immer etwas findet, was zur gesuchten Gelegenheit
passt. Auch die Süssigkeiten sind stark selektiert, keine Klabautermänner an
Bord, sondern naschhafte Nachtwachen, mich selbst nicht
ausgenommen.
Die Erwartungen an den Landfall sind
unterschiedlich: Stephan sinniert übers wandern und Baden am Strand von Pigeon
Island (nördliche Halbinsel, die die Rodney Bay umschliesst) mit Besuch des
Jambe de Bois (delightful bar), Markus sprach von duschen, auch von Bars und
Restaurant, Claudia von ausgiebig duschen und Wäschewaschen (sie strahlt jedes
mal, wenn wir nach Seetagen Wasser- u Stromanschluss haben und sie die
Bordwaschmaschine anwerfen darf) und mir graut ein wenig von den uns einholenden
Strukturen: Einklarieren, Büro- und Ladenöffnungszeiten beachten, anstehende
Reparaturen durchführen, dem Verlust der nur durch Sonnenauf- und untergang
determinierten Freiheit auf dem Atlantik.
Allen, die uns 4 Münchner bei unserem "crossing"
begleitet haben, in Gedanken, auf dem fleet viewer, mit Nachrichten
versorgt haben und uns unsere Bande auf dem weiten Atlantik haben spüren lassen
danken wir von Herzen; Ihr wart so wichtig für uns. Diese Fahrt war
Abenteuer und Berührung pur und ihr alle ein Teil davon!.
Claudius mit unübertrefflicher
Crew