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Jo - Tag 17 - das Wetter und die Konsequenzen



Wenn Segler vom Wetter sprechen, dann geht es selten um Sonnenschein und Temperaturen, sondern meist um Wind und Welle. Denn beides hat extremen Einfluss darauf, wie schnell (oder auch langsam) wir uns fortbewegen.

Die Wetterprognosen erhalten wir täglich über unser Satellitentelefon (das iridiumGo!, eine Art WiFi Router, über den man mehrere Geräte verknüpfen kann) aus zwei verschiedenen Quellen.

Zum einen von der ARC und ihren Wetterexperten. Diese Infos kommen per Email, beschreiben zunächst die grobe und große Wetterlage im Atlantik, Tief- und Hochdruckgebiete, die Einfluss haben und eine Einschätzung mit allgemeinen Hinweisen und Empfehlungen für das Routing (also die noch zu fahrende Strecke abhängig vom Wetter).
Dann folgt in der Nachricht noch eine detaillierte Wetterbeschreibung je Quadrant, in dem man sich gerade befindet. Die Koordinaten für die einzelnen Quadranten wurden allen Skippern beim Skipper-Brie fing vor dem Start ausgehändigt, so dass alle Schiffe dieselben Informationen haben. Dazu gehören Wellenhöhe/-länge/-richtung, Windgeschwindigkeit/-winkel/-stärke und Böen und auch mögliche Squalls (plötzlich auftretende Regenschauer, die viel Wind mitbringen können).

Diese E-Mail erhalten wir täglich um 0700 Uhr. Gleichzeitig ziehen wir die Daten aus unserer zweiten Quelle, Predictwind.

PredictWind ist ein neuseeländischer Wetteranbieter, der sich auf die Bedürfnisse von Seglern spezialisiert hat. Mit der "PredictWind Offshore App" bietet PredictWind den Nutzern die Möglichkeit, selbst mitten auf dem Atlantik über die App und das Satellitentelefon Wetterdaten zu empfangen. Die Daten werden dann automatisch in das Programm eingespielt und in einer 1A Qualität und grafischen Darstellung angezeigt.

Der Vorteil bei PredictWind ist, dass wir den Wetter Quadranten für den Bereich, der uns interessiert, selbst bestimmen können, genaus o wie das Intervall (also für wie viele Tage und in welchem Abstand), und die Daten, die uns interessieren (z.B. Wind, Wellen...).

Das Ergebnis ist besagte grafische Darstellung, in der man das Wetter wie einen Kurzfilm im Schnelldurchlauf betrachten kann oder auch detailliert und punktgenau.

Wenn uns morgens die Daten sowohl von der ARC als auch PredictWind vorliegen, geht's dann an die Analyse, wie sich das Wetter in den nächsten Tagen entwickelt. Danach können wir unsere Segelstrategie bestimmen und welchen Kurs wir fahren wollen.

Das ist normalerweise auf dieser Strecke, der Atlantiküberquerung von Ost nach West, ziemlich simpel. Wie in einem anderen Blogeintrag schon mal erwähnt, geht's von Gran Canaria zunächst grob nach Süd-Westen Richtung Cap Verden, "bis da wo die Butter anfängt zu schmelzen." Danach biegt man nach Westen ab und nimmt mit dem sogenannten Passatwind im besten Fall direkten Kurs auf Saint Lucia. Easy. Dachten wir. D achte selbst die ARC, die während des Skipper Briefings im Wetter Ausblick eine normale Überquerung prognostiziert hat.

Aber das Wetter lässt sich über einen längeren Zeitraum niemals genau vorhersagen und bringt alle Jahre wieder untypische Wetterphänomene mit sich. 2022 scheint so ein Jahr zu sein (wir haben das bereits im Mai/Juni erlebt).

Kaum aus der einen Flaute raus (die absehbar und normal war), droht schon wieder die nächste, die größer, breiter und länger ist als alle zusammen, die wir jemals erlebt haben. Auf dem Foto kann man es hoffentlich erkennen. Zur Bilderklärung:

Das Bild zeigt einen Ausschnitt aus PredictWind. Ganz rechts der weiße Punkt links neben dem grünen Nippel ist unser Standort (Stand heute Morgen). Links wo das bunte Rechteck aufhört ist relativ mittig auf der Linie unser Ziel Saint Lucia.
Die einzelnen Kästchen entsprechen einer Entfernung von 60 Meilen.

Die bunten Farbflecken sind die unterschiedlichen Windstärken, auch in der Farbskala ganz unten noch mal erklärt. Alles was von grün (10 kn Wind) bis gelb (20 kn) geht, mögen wir. Alles darüber hinaus in Rot-Schattierungen gar nicht, da sprechen wir schon von starken Winden bis Stürmen.
Was zwar nicht ganz so böse ist wie Rot, aber was wir auch ungerne sehen wollen, ist Blau (5 kn) und Lila (0 kn). Denn mit diesem fast nicht existenten Wind können wir nicht segeln, das ist zu wenig.

Tja, und jetzt seht ihr vielleicht auch schon das Dilemma. Zur Erinnerung: ein Kästchen = 60 Meilen, Blau/Lila = 0 - 5 kn Wind. Falls ihr es auf dem Foto nicht erkennen könnt: von unserem Standort bis nach St. Lucia sind es 20 Kästchen, alle in Lila gefärbt. Das sind 1.200 Meilen Flaute in der Länge und noch mal ca. 300 Meilen Höhe.

Warum wir das nicht einfach oben- oder unten rum umfahren, fragt ihr euch vielleicht? Nach oben möchten wir nicht, weil dort gerade ein fetter Sturm (auf d em Foto nicht erkennbar, aber sehr rot) vorbei zieht, dem wir lieber aus dem Weg gehen. Um unten rum zu fahren müssen wir erstmal dorthin kommen.

Das ist dann auch die vorläufige Strategie für die nächsten 24 - 48 Stunden, weiter zu planen macht wenig Sinn. Doch wenn wir Glück haben und die Wettervorhersage richtig liegen, setzt ab Samstag wieder der ganz normale, typische, klassische Passatwind ein, mit dem es dann auf die Zielgerade nach Saint Lucia geht. Drückt uns die Daumen!

Und, liebe Familien und Freunde der Crew, habt Geduld, früher oder später kommen eure Liebsten an, nur können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch keine genaue Prognose geben, wann. Essen und Trinken haben wir jedenfalls noch genug und verhungern nicht. :-)

Nun warten wir erst mal wieder ab, was unsere Wetterquellen morgen Früh sagen...

Good Night!
Katrin




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