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Cadences - Optimale Besegelung im Passatwind?



Segeln im Passatwind - nach allem, was ich vorher gelesen habe, eigentlich ein Traum. Und ganz einfach: Ablegen, zwei Vorsegel hochziehen, jeweils eines nach Backbord und eines nach Steuerbord ausbaumen, die Pinne mittschiffs festlaschen - und zwei oder drei Wochen später die Segel wieder runternehmen, wenn man auf der anderen Seite des Atlantiks angekommen ist. Entspannung pur und nix zu tun für mehrere Tage.

Bei uns scheint das irgendwie anders zu laufen, wir sind immer noch am experimentieren. Oder am "aktiven Segeln", je nachdem, welche Sichtweise man bevorzugt.

Warum das (zumindest bei uns) nicht ganz so einfach ist? Zum einen hat die "Cadences" kein doppeltes Vorstag und zwei gleich große Vorsegel, so daß diese eigentlich optimale Variante mit zwei gleich großen Vorsegeln schon mal entfällt. Obwohl: in der vorhandenen zweiten Schiene der Rollgenua ließe sich vielleicht sogar die nigelnagelneue XDrive-Genua von UK Sails hochziehen und gleichzeitig mit der vorhandenen alten Genua übereinander aufrollen. Das ergibt aber eine ziemlich dicke "Wurst". Wir bräuchten auch noch einen zweiten (großen) Spibaum zum Ausbaumen - den haben wir aber bisher nicht an Bord. Diese Variante fällt also schon mal weg (wenn man nicht den Großbaum irgendwie so weit nach aussen zieht, das dieser für eine Genua zum Ausbaumen dient. Vielleicht probieren wir das doch irgendwann noch aus).

Die "Cadences" hat aber ja zwei fest verbaute Vorsegel: Genua und Trinquette (auf deutsch: Stagsegelfock). Die Trinquette ist zwar nur halb so groß wie die Genua, und wird deshalb von uns eigentlich bei stärkerenm Winden ab 20-25 Knoten gesetzt, sie läßt sich aber natürlich genauso wie eine zweite Genua auch ausbaumen. Einen zweiten kleineren Fockbaum habe ich noch von meinem vorigen Schiff, der Artekno H-35 "Tilda" behalten, dort war das der Spibaum.

Gesagt - getan. Wir haben also einen zweiten Baumniederholer ergänzt, ein Spinnakerfall zum Toppnant umfunktioniert und beide Vorsegel ausgerollt. Wunderbar - das Boot liegt sehr ruhig in der Passatdünung, praktisch kein Ruderdruck, perfektes entspanntes Segeln. Warum wir trotzdem nicht dabei geblieben sind? Das Boot ist einfach zu langsam! Bei den "eigentlich" zu erwartenden Passatwinden von 15-25 Knoten sollte das super funktionieren. Wir hatten aber schon auf dem ersten Törn von Las Palmas nach Mindelo mehrere Tage nur mit 10-12 Knoten Wind. Da kommen wir irgendwann gar nicht mehr voran - St. Lucia sind immerhin fast 2.000sm entfernt. Und auch wenn die ARC+ keine Regatta ist: tägliche Positionsmeldungen über den Satelliten-Tracker lassen einen doch etwas nervös werden, wenn alle anderen schneller unterwegs sind.

Also das Großsegel wieder hoch und mit der Genua kombiniert. "Klassisches" Schmetterlingssegeln. Zwei sog. "Bullenstander" an Backbord und Steuerbord ziehen den Grossbaum jeweils nach aussen/nach vorne und verhindern zuverlässig eine "Patenthalse". Zwei Mal 45qm Segelfläche passen auch besser zur vorherrschenden Wind- und Wetterlage. Nur: perfekt ist auch diese Lösung noch nicht. Wenn der Wind exakt von achtern kommt ("platt vor dem Laken") sollten beide Segel genau im rechten Winkel zum Kurs stehen. Geht bei der "Cadences" aber nicht: der Mast hat stark nach achtern gepfeilte Salinge. Was bedeutet: mehr als 45° läßt sich das Großsegel nicht nach aussen ziehen. Und bei der starken Dünung rollen und schaukeln wir so stark hin und her, daß trotz Bullenstander das Segel immer wieder umschlägt. Unruhig, laut, nicht sehr effektiv. Und einen Bullenstander hat es uns dabei auch schon durchgerissen.

Bleiben die "klassischen" Raumwindsegel: Spinnaker und Gennaker. Die probieren wir regelmäßig aus. Sobald der Wind unter 20-22 Knoten fällt. Und nachts wollen wir die auch nicht stehen lassen, das hat schon einmal kurz vor Lissabon zu mehreren langen Rissen geführt. Tagsüber: gerne! Ist ein bißchen Arbeit, Segel rauf, Segel runter, Und auch die Schoten wollen SEHR viel aktiver bedient werden. Und der Autopilot ist auch mit so viel Segelfläche schnell überfordert - konzentriertes Pinne-Gehen ist zusätzlich angesagt. Aber: sonst würden wir uns ja eventuell langweilen ...

Was wir seit gestern noch neu "entdeckt" haben: auch der "Code-0", eigentlich ein klassisches Amwind-Segel, läßt sich prima vor dem Wind setzen. Wenn der nicht genau von achtern kommt, sondern ca. 20-30 Grad vorlicher. Das bringt und gerade zügig voran, und das Segel ist mit relativ wenig Aufwand auch schnell wieder eingerollt. Morgen testen wir das noch in der Kombination mit Großsegel oder ausgebaumter Genua. Ich bin mir sicher: irgendwann finden wir noch die optimale Segelgarderobe!




Cadences, 2019-11-22, 20:23:17 UTC


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