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Jo - Tag 26 - Fischers Fritz fischt frisches...



...Seegras.

Heute Nachmittag waren wir mit vereinten Kräften knapp vor einem Fisch. Paul, normalerweise unser Seegras-Flüsterer (er erkennt dieses mittlerweile schon am Vibrieren der Schnur und Reling) hatte die Angel fest im Blick. Das markante Geräusch, wenn die Leine durch die Rolle rauscht, ertönt. Doch statt der üblichen Seegras-Reaktion heißt es plötzlich: "Da ist was dran."

Roller und Skipper Peter springen auf, verschwenden keine Zeit, schmeißen sich in ihr Sicherheitsgeschirr (wer angelt, ist immer angeleint), während Paul schon die ersten Meter Leine einkurbelt, übernehmen die Angel, während im Hintergrund Gaff (eine Metallstange mit scharfer Spitze zum Aufspießen), Knübbel (für die hartnäckigen Brüder... Ja, Angeln kann brutal sein) und Fischtöter (80prozentiger Rum für eine schnelle, tödliche und unblutige Fischvergiftung) parat gelegt sind.

Dann wird die Angelschnur Stück für Stück eingeholt. Schon auf 40 m Entfernung ist ein gelb-grün glänzender Fleck erkennbar. Ein Mahi Mahi, die Goldmakrele und Königin unter den Atlantikfischen, mit festerem und trotzdem zarten, köstlichen Fleisch. Mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen bei dem Gedanken an die gebratenen Filetstücke. Im Kopf stelle ich spontan den Menüplan um. Statt Pellkartoffeln und Rotkohl soll es Fisch Filets mit Kokosreis geben.

Ein paar Meter fehlen noch. Roller und Peter sind hochkonzentriert, die ganze Crew im Cockpit ist ruhig und hält den Atem an. Ein letzter Ruck an der Leine, und der Mahi landet mit der nächsten Welle auf der Badeplattform. Jetzt nur noch die Spitze des Gaffs nahe der Kehle platziert bekommen, und rein ins Cockpit mit dem Goldstück. Doch so einfach ist es nicht. Aus seinem natürlichen Element gezogen, kämpft der Mahi um sein Leben, zappelt und zuckt als wüsste er, dass es seine letzte Chance ist.

Er hat sie genutzt! Während Peter mit dem Gaff ausholt und dabei versucht, der (ziemlich scharfen) zuckenden Schwanzflosse auszuweichen, reißt sich der Mahi vom Haken los, der sich nicht in seinem Maul, sondern nur in der Wange verhangen hatte. Sein Glück, unser Pech. Mit der nächsten Welle wird er wieder ins Meer zurück gespült, wenn auch mit einer kleinen Fleischwunde. Einen Fetzen des zarten Wangenfleisch hat er uns zum Abschied am Haken gelassen.

Die Wunde wird verheilen. Der Mahi Mahi weiterleben. Irgendwie eine schöne Vorstellung, auch wenn wir ihn natürlich gerne auf unseren Tellern gesehen hätten.

Es sollte einfach nicht sein. Bei den noch folgenden Versuchen (die Angel wurd sofort wieder ausgebracht) gab's dann wieder nur Pudelfisch im Angebot. So nennen wir die Büschel von Seegras, die sich in Minutenschnelle um den Haken wickeln.

Das Seegras ist in den letzten drei, vier Jahren auf dem Atlantik und auch in der Karibik leider zu einer ziemlichen Plage geworden. Es ist eine neue Art, die noch relativ unerforscht ist, keine natürlichen Feinde hat, nicht gefressen werden kann, teilweise in riesigen Teppichen auf dem Wasser treibt und haufenweise mit Welle und Strömung in den karibischen Buchten angeschwemmt wird. Dort muss das Gras, das sich anfühlt wie Plastik, dann mühsam zusammengekehrt und verbrannt werden, was, ebenso wie beim Verrottungsprozess, bestialisch stinkt.

Vor drei Jahren hat die Seegras Flut mancherorts sogar dazu geführt, dass die lokalen Fischer nicht mehr zum Angeln raus fahren konnten, die Lebensgrundlage damit wegfiel, die Restaurants und Märkte nicht mehr mit Fisch beliefert werden konnten. Eine dramatische und leider durch den Menschen mit verursachte Entwicklung, die wir auch in anderen Bereichen des maritimen Lebens immer häufiger beobachten.

Doch bevor wir uns nun zu sehr in das Thema Klimawandel rein steigern, bereiten wir uns lieber mental schon auf die nächsten Angelversuche morgen vor. Das wird dann auch die letzte Gelegenheit sein. Für den Endspurt am Sonntag sind noch mal knackigere Winde vorhergesagt, da bleibt die Angel aus Sicherheitsgründen drin. Am Montag wird nicht mehr geangelt, da bleibt die Küche abends sauber und wir werden (hoffentlich) in einem schönen Restaurant sitzen, mit gedeckten Tischen, ohne Geschaukel. Vielleicht bestellen wir uns dann einfach Fisch von der Speisekarte...

Aktuelles ETA: Montag, 19.12., 1900 Uhr.

Good Night!
Katrin


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