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Meltemi - Tag 11: Bordbuch der Meltemi, wir sind über'n Berg




So, da bin ich wieder. Hat etwas gedauert, aber wir hatten auch viel Gerödel an Bord.

Das wichtigste zuerst: vergangene Nacht sind wir durch unsere erste nennenswerte Squall gefahren, die uns kurzfristig Regen und für eine halbe Stunde ordentlich Wind brachte. 33 Knoten (wahrer Wind) in der Spitze, die wir in über 11 Knoten Fahrt (durch's Wasser) umsetzen konnten. Na das war mal was! Einige kleinere Squalls folgten, gaben uns jedoch leider nicht annähernd solchen Schub.

Und: wir haben die Hälfte der Strecke geschafft!! Zur Mittagszeit loggten wir mehr zurückgelegte Seemeilen als verbleibende Entfernung zum Ziel. Das war uns dann doch mal wieder ein Bierchen Wert (sin alc.).

Es ist herrlich hier auf dem Atlantik. Sonne satt, Blauwasser, -wasser, -wasser, seit 2 Tagen keine anderen Schiffe mehr gesichtet, in den Tagen vorher mal eines, mal zwei. Mehr nicht. Manchmal knarzt der Funk, das AIS zeigt 2 Mitsegler hinter dem Horizont. Um uns Weite und ein sich ständig in Bewegung befindendes Wellenbild.

Ich gerate in's Schwärmen. Wir wollten doch chronologisch berichten. Dann mal zurück auf Sonntag.

Da war doch was. Ach ja, 1. Advent. Fing für uns gar nicht adventlich an. Die Kühlbox hatte einen Aussetzer, und der Frühdienst Kaffee verschüttet (ja, ja, dein Freund die Welle), und das veranlaßte unsere Skipperin, mal ordentlich aufzuräumen. Ab 5.55 Uhr. Es sollte der Beginn einer über 3-stündigen Aktion werden. Kaffee aufgewischt, Kühltruhe ausgeräumt, und der erfahrene Segler ahnt es schon: je tiefer wir kamen desto aufgeweichter wurde es. Manch bereits vermißte Fleischware tauchte unverhofft wieder auf. (Der Hit: tiefgefrorene aufgeblähte Bier- und Coladosen incl. einer Tafel Schokolade im Eisfach. Kommentar des Delinquenten: Ach je, damit wollte ich euch gestern zum Sundowner erfreuen, und dann habe ich sie wohl vergessen.)

Der gesamte Kühlboxinhalt wurde auf seine Genießbarkeit untersucht und manches ging den Weg zurück zur Natur. Dann Kühlbox trocken legen, alle (eingeschweißten) Nahrungsmittel abwaschen, -trocknen und neu einräumen. Die leeren Verpackungen auswaschen und trocknen und ab in den Trennmüll. Müll in sog. Vakuumsäcke verpreßt. Alles bei Welle, wohlgemerkt. Und weil wir schon so schön dabei waren, sind wir auch in unsere beiden "Keller" gestiegen und haben alle Bilgenfächer und Schapps kontrolliert. Ihr ahnt es schon - so manch angegammeltes Gemüse schaute uns aus der Tiefe entgegen, und mußte gemeinsam mit einigen Früchten sofort des Schiffes verwiesen werden. Bei der Luftfeuchte kein Wunder, aber ich ahne: die Skipperin verkniff sich die Wertung "Männerwirtschaft".

Danach waren wir erst mal fix und alle. Und jetzt kommt es: zum Trost zauberte ein Crewmitglied einen kleinen illuminierten Weihnachtsbaum hervor, gefolgt von Christstollen! Da bist du erst mal sprachlos!! Dennoch gingen wir alle zunächst nach achtern unter die Eimerdusche.

Nachmittags wollten wir es dann ruhiger angehen lassen, aber Dye packte den Sextanten aus und hatte schnell eine interessierte Kleingruppe zusammen, um eine Einführung in Astronavigation und den Gebrauch des Sextanten zu geben. Wir sind - ich sagte es schon - nicht zum Spaß hier...

Nicht viel später auch der Ruf: "Kühlbox arbeitet wieder." Wir haben echt kreative und kundige Leute an Bord!

Montag haben wir uns wieder dem eigentlichen Grund unseres Hierseins zugewandt. Segeln. Gegen Abend demonstrierte die Steuerbordwache die Erfolge: Zu dritt bargen sie den Parasailor, mit sanfter Unterstützung von Beate im Cockpit. Nach Auswertungsrunde stellten wir fest: da geht noch was, aber wir sind im Prinzip soweit, daß Parasailor bergen im Normalfall kein all-hands-Manöver mehr ist. Sun-downer.

Dienstag früh sollte die Backbordwache das Setzen demonstrieren. Doch es kam anders. Der Wind frischte auf, auch für die kommenden Tage prognostiziert unser Wetterrouting Wind bis 25 resp. 30 Knoten. Der Parasailor bleibt in der Segellast und die Genua wird mit dem Spibaum ausgebaumt. Wir segeln zunächst raumschots, später als es besser paßt mit dem Kurs, als Schmetterling.

Zwischendurch kam die Sache mit dem Fischernetz wieder hoch. Wir entdeckten eine milchige Flüssigkeit in der Getriebebilge. Wie immer in unserer Runde, gab es zuerst einen Kalauer: "das ist die H-Sahne, die wir vermissen!"
Die Befürchtung, die wir hatten, war jedoch weit ernsterer Natur. Sollte die durch das Netz verursachte Unwucht Schaden an der Stopfbuchse hinterlassen haben? Unsere trouble shooter machten sich gemeinsam mit der Skipperin an eine Untersuchung des gesamten Antriebsstrangs. Nach und nach wurde klar: die "Suppe" kommt nicht von außen. Um es abzukürzen: zwei Ursachen wurden identifiziert. Jemand hatte nach dem Tauchgang die Heckdusche benutzt und nicht richtig wieder zugedreht. Und ein anderer jemand hatte an einem der Reservekanister, die in Caiscais an Bord genommen wurden, die Entlüftungsschraube nicht richtig geschlossen, so daß sich in der Bilge Diesel mit dem Wasser aus der Dusche traf und das Ganze in die Getriebebilge schwappte. Wir haben alles schön trockengelegt, eine Sondermüllbox aufgemacht und nach mehrfacher Kontrolle konnte auch daran ein Haken gemacht werden. Am Ende ein eher beruhigendes Ärgernis.

Klingt vielleicht alles harmlos, hat uns an Bord aber echt beschäftigt. Segeln, Blauwassersegeln zumal, ist eben immer auch trouble-shooting.

Was sonst noch so war: wir haben Sonntag die ersten 1.000 sm geloggt, wir haben Montag die Bordzeit auf UTC -2 umgestellt, wir haben die ersten fliegenden Fische an Bord gehabt (einer flog gestern Abend haarscharf an der Kaffeetasse der Skipperin vorbei und landete dann im Cockpit) und es wird immer wärmer...

Autor: Wolfgang

PS. Das Hochladen der Fotos über das SAT-Telefon dauert ewig. Wir bedauern, euch nicht mehr liefern zu können.

PPS. An eine junge Frau von der Ostküste: Nachdem die Flaschenpost durch das Buddelschiff zugestellt werden konnte, muß die Buddelschifflinie nun aber auch sorgfältig bereedert werden!

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