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Flying Fish - "TCF" - Rückblicke - Ausblicke



"TCF":
Neugierig und begeistert hören wir von unseren Reisebegleitern zuhause über das Fortkommen der ARC-Flotte und unsere Position bzw unser Ranking in der Flotte. Und da wird manchmal kopfschüttelnd (das glaube ich wahrzunehmen)  und manchmal ausdrücklich darauf verwiesen, dass Boote vor uns sind, im Ranking jedoch hinter uns und v.v. Das Geheimnis ist der "TCF" = time correction factor, eine geheimnisvolle Verhältniszahl, errechnet auf mir unbekannte und vielleicht nur deshalb mysteriöse Weise aus Schiffsdaten wie Gewicht, Länge üb alles, Segeltragezahl, Masthöhe, Lieklängen usw. Das soll die unterschiedlichen Boote und deren unterschiedlichen Segeleigenschaften vergleichbar machen bzw nivellieren.  So hat zB das Bootnr. 34, ein Gunboat namens "PHaedo" den TCF 1,469 und unser Flying Fish den TCF 1,093. Das bedeutet nach meinem Verständnis, die zu bemitleidende Crew der Phaedo muss ihren Kat um 1,469/1,093 also ca 1,4mal so schnell ans Ziel bringen wie wir, um von uns nicht geschlagen zu werden. Das klingt nun anmassend, weil die trotz TCF deutlich vor uns liegen - aber so versteht Ihr die Wertungen besser,
 
Rückblicke:
Im Laufe der vergangenen Woche verringerte sich der beständige ENE/E-Wind von25-30 kn auf angenehmere 20-25 kn, die letzten Tage sogar auf 15-23 kn. Die Welle zog mit und verringerte sich von 3-4m auf bis zu 1-2 m. Das fördert die Entspannung an Bord, zumal wir uns dem Regattafieber verschliessen, nachts nur mit Genua fahren (das Gross taugt ohnehin nicht für den Vorwindkurs), was die Ruhe in den Schlafkabinen enorm steigert und nur tagsüber den Parasailor heissen. Einige Squalls haben wir rechtzeitig identifiziert und so gelassen über uns ergehen lassen können. Wegen der abgeschalteten Kühltruhe gab es reichlich Fleischmahlzeiten, alle köstlich und lustvoll genossen, zumal immer ausreichend Muse für die Mahlzeiten bereitsteht.
 
Große Aufregung brachte dann der Thuna an unserer Angel, den wir zuerst mühsam herankurbeln mussten, dannn über sein Ausmass entzückt waren und den wir wohl widererwarten (4 Personen, die allesamt zum erstenmal versuchen einen Fisch vom ANgelhaken an Bord zu bringen - 3 davor sprangen ja erfolgreich vom Haken) aufs Achterdeck und dann schnell ins Cockpit beförderten. Ein Prachtexemplar, sofort vermessen, ca 160 cm lang und geschätzt 25-30 kg schwer. Als er so vor uns lag, regte sich in jedem von uns Bedauern und Mitleid. Der Thuna hatte aber bereits durch die Hakenwunde soviel Blut verloren, dass unser Cockpit schon vor dem Zerlegen wie ein Schlachthaus aussah. Wahrscheinlich hatte der Kerl schon am Haken viel Blut verloren, sonst hätte er uns sicher mehr Gegenwehr geboten. Also zerlegen und Schüsseln füllen und gleich am Abend gegrillte Thunamedaillions verspeisen - mit gemischten Gefühlen. Dann 5 Thuna-Mahlzeiten hintereinader, nicht zuletzt wg unserer reduzierten Kühlmöglichkeiten. Danach war bei jedem von uns das Mass an Hingabe erreicht, um den restliche Thunabestand dem Meer zurückzugeben, bestärkt durch den Willen sich keine Fischvergiftung einzuhandeln. 
 
Daneben weiteres gemütliches Segeln, mit viel Lesen. Tagsüber ist unser Cockpit der Lesesaal, jeder lümmelt in einer Ecke und wir tauschen uns (nicht nur) über das Gelesene aus. Die schwächere Welle erlaubt auch ein Nickerchen im Trapez ohne dort durch eintauchende Rümpfe geduscht zu werden. Und sogar eine Badestop im 28 Grad warmen Atlantik wird begeistert angenommen. Am Morgen des 2. Advents überrascht uns Claudia mit Dresdner Christstollen zum Frühstück - verrückt oder einfach nur liebevoll? Alle sind im müsigen Passatsegeln angekommen.
 
Der Wind ist am Samsatg so schwach, dass wir mit dem Parasailor in die NAcht hineinfahren. Nachdem ich bis zu meiner Nachtwache nicht schlafen kann (Wind nahm zu und die Parasailorschoten sorgen für eine ausgeprägte Geräuschentwicklung in den Kabinen) nehmen wir um 0.10 Uhr,  noch bevor eine 2. Adventskerze angezündet werden könnte, den Parasailor in erprobter Manier im Lee der halb ausgefalteten Genua ab. Dann Genua ganz raus, doch sie kommt uns unwillig vom Masttop nach unten entgegengerutscht, wir können sie leicht bergen mit durchgescheuertem Genuafall - Scheuerstelle ziemlich sicher im Mast. Das ist daran die beruhigende Nachricht, weil wir wohl keine schamfilende Stelle übersehen haben.
An nächsten Vormittag, immer noch 2. Advent, nach dem Christstollenfrühstück, wieder einen Lift in den Mast. Diesesmal mit schwierigerer Mission, weil nicht nur eine Fall einzuhängen war, sondern zugleich eine Umlenkrolle an einem in der Mastspitze eingeführten Tampen aufzuhängen war. Höchst anstrengend, doch geglückt, später festgestellt, dass man das noch hätte besser lösen können. Ein weiteres mal, soll das Risiko eines Lifts nicht mehr eingegangen werden, segeln wir halt mit dem geschaffenen Provisorium ohne Parasailor und "nur" mit 2 Genuas weiter. Das kostet tagsüber 1 - 1,5 kn Geschwindigkeit und schiebt unsere Ankunft in St. Lucia um einige Stunden nach hinten.
 
Heute, Montag 5.12., bereits zurückgefunden zur Gemächlichkeit. Es wird zB nach Lou's Rezept Brot gebacken und wieder in allen Ecken gelümmelt.
 
Ausblicke:
Es sind unterschiedliche Stimmungslagen zum weiteren Verlauf wahrzunehmen: Markus und Stephan sehnen die ANkunft eher herbei, als sie bereit wären, die Reise auszudehnen. Claudia wollte ohnehin bereits letzte Woche bei dem stärkeren Seegang am liebsten aussteigen, aber wir fanden die Haltestelle nicht. Derzeit ist sie wieder gelassen dabei. Ich komme erst jetzt nach und nach in mein persönliches ruhiges Fahrwasser, und geniesse sogar die Nachtwachen;  wir haben jetzt auch Halbmond was dem Atlantik nachts ein soviel freundlicheres Gesicht gibt. Und Sonnenuntergang und -aufgang sind inspirierende Zeiten. Ich fühle mich mit dem von hell- bis dunkelblau und schwarz schimmernden Wasser das wir durchkreuzen , den über uns hinwegziehenden Wolken und Winden demütig verbunden, weil sie sich trotz ihrer spürbaren Kräfte uns gegenüber so freundschaftlich verhalten. Einzigartige Erfahrung für mich!
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Kurzum: ich würde diese Fahrt gerne noch länger fortsetzen. Vielleicht werden wir dazu noch gezwungen, weil wir aus heutiger Sicht unvermeidlich in die vorhergesagte Flautenregion östlich unseres Ziel hineinsegeln. Dann wird es nochmals eine spannende Meinungsbildung geben. Es war nämlich schon die Äusserung zu hören, dass wir  dann  die restliche Strecke unter Motor zurücklegen sollten. - Ihr und wir werden es erfahren.
 
Beste Grüsse von
16.01 N
052.01 W
= 588 nm östlich von St.Lucia
Wasser im dämmrigen dunkelblau
Claudius
 
 



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