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Cheri - Sonntag, 30. Nov. 2014




Unter Spinnaker Richtung Karibik

Nachts um drei Uhr ist es erneut soweit. Der Halbmond steht wieder genau
im Westen tief ueber dem Horizont. Wir segeln unter Genua und Grosssegel
ganz friedlich auf der Lichtstrasse direkt in Richtung Mond. Und das bei
herrlich angenehm kuehlen Temperaturen. Dafuer lohnt es sich, in den
fruehen Morgenstunden aufzustehen.
Es wird ein Tag, welcher der Bezeichnung „Barfussroute“ alle Ehre macht.
Strahlendes, heisses Sommerwetter, ein paar Wolken am Horizont und
gleichmaessiger Seegang. Wir segeln unter Spinnaker, den wir vormittags
um 10 Uhr gesetzt haben, Richtung Westen. Es herrscht richtiggehende
Ferienstimmung an Bord. Im Augenblick gibt Juergen Jetti gerade einen
Einfuehrungskurs ins Steuern unter Spinnaker. Sie schlaegt sich nicht
schlecht, auf jeden Fall hat es unter Deck den Schreiber noch nicht aus
dem Sitz gekippt. So macht das Segeln wirklich Spass! Die Crew sonnt
sich an Deck. Unvorstellbar, dass im kalten Mitteleuropa heute bereits
der erste Adventssonntag angebrochen ist. Zur Feier des Tages serviert
Jetti „Nürnberger Elisen Lebkuchen“.
Ueber unsere Position im Rennen seid ihr daheim via ARC-Homepage
wahrscheinlich besser und aktueller orientiert als wir hier an Bord.
Auch den Fleet Tracker koennen wir hier leider nicht einsehen. Danke Leo
fuer den Screenshot, den du uns geschickt hast. Man darf sich aber dort
nicht taeuschen lassen. Die Schiffe liegen viel weiter auseinander, als
es den Anschein macht. Man koennte im Fleet Tracker glauben, wir segeln
im Rudel, aber in Wirklichkeit ist hier weit und breit kein anderes
Schiff zu sehen. Gerade kommt uebrigens die Meldung herein, dass wir auf
dem 4. Rang in unserer Kategorie liegen. Das macht gute Laune, obwohl
wir ja nicht auf Teufel komm raus Tempo machen. Wir kommen gut vorwaerts
und haben ja bereits einen Drittel der Strecke geschafft.
Ronny ist heute eine Zeitlang nicht ansprechbar. Er hat per Telefon das
neueste Resultat des HSV erfahren. Es ist klar, dass er als ehemaliger
Präsident mit dem Verein mitleidet.

unsere Position heute um 12 Uhr mittags: 22° 17.1’ N
033° 22.3’ W
unsere Reisezeit heute um 12 Uhr mittags: 6 Tage 1 h
zurueckgelegte Meilen in den letzten 24 h: 174 sm
Total der bisher zurueckgelegten Meilen: 1066 sm
Totalstrecke Gran Canaria - St. Lucia: 2800 sm

Im Setzten und Bergen von Spinnakern sind wir inzwischen schon ganz gut
geworden. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass bei diesen Manoevern
jeder seine ganz bestimmte Position einnimmt, die nicht gewechselt wird.
Es sind immer alle acht Leute daran beteiligt. Ronny steht hinten am
Steuer und gibt die Befehle. Edi kontrolliert die Spischot, Uli ist für
den Achterholer zustaendig, Matthias arbeitet am Spifall, Jetti am
Niederholer und Corinne bedient die Topnant. Juergen und Max schleppen
den grossen Spinnakersack aufs Vordeck und setzen den Spibaum. Ausserdem
sind sie dafür verantwortlich, dass die Spischot, der Achterholer (ja,
wir fahren doppeltes Spinnakergeschirr), das Spifall, der Niederholer
und die Topnant am richtigen Ort des Spinnakers und des Spinnakerbaumes
angeschlagen werden. Beim eigentlichen Setzten hilft dann Juergen am
Mast mit dem Spifall, während Max am Sack dem Spinnaker wenn noetig
„Geburtshilfe“ leistet. Im Gegensatz zu andern Schiffen setzten wir den
Spi nicht aus einem Bergeschlauch heraus oder mit Wollfaeden gefesselt.
Wir setzen (und bergen) ihn direkt aus dem Sack im Windschatten der
Genua. Sobald der Spi steht, wird die Genua eingerollt, und der Spi hat
freien Flug. Beim Bergen wird die Genua zuerst aufgerollt, um den Spi in
den Windschatten zu kriegen. Dann löst Max ganz vorne am Bug den
Schaekel an der Spitze des Spibaums und trennt den Achterholer vom
Segel. Der Spi kann jetzt unter der Genua hindurch an Bord gezogen und
durch den Niedergang in den Salon hinuntergestopft werden. Dieser ist
jetzt huefthoch mit 234 Quadratmetern Spisegel vollgestopft. Fleissige
Helfer muessen ihn jetzt wieder in den Sack packen, und zwar so, dass
nichts verdreht oder gar verknotet ist. Ach wie herrlich waere dazu eine
leere Turnhalle! Aber es muss auch in ganz engen Platzverhaeltnissen
gehen. Ein richtig gepackter Spinnaker ist die absolute
Grundvoraussetzung dafür, dass das naechste Setzen nicht mit einem
Desaster endet.
Das Setzen des Spis klappt nur, wenn jeder seinen Job macht, immer im
Zusammenspiel mit allen andern. Es ist Teamwork wie es im Buche steht.
Nach einem erfolgreich gesetzten Spinnaker braucht man kein künstlich
organisiertes Teambuilding-Event mehr.
Alle an Bord sind gesund und (wieder) bei guter Laune.

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