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Flomaida II - Nachlese über Vanuatu



Nachdem wir nun mit gutem Wetter noch ein wenig die wunderschönen Motus auf der Westseite der Grande Terre abtingeln, hängen meine Gedanken immernoch in Vanuatu.

Ich habe mittlerweile viel darüber gelesen und möchte ein bisschen davon gerne weitergeben.

Diese Inselgruppe hat wirklich mit unserer Art zu Leben nicht viel zu tun!

Es ist sicher eine der größten Kulturüberlebensgeschichte der Welt!

Die Welt ist so klein für sie und das Leben so einfach. Sie sind glücklich in diesem unbekannten Winkel der Erde, der ihren Wünschen genügt. Daher kommen sie uns so offen und freundlich entgegen.

Die 170000 Einwohner haben bis heute Ihre Traditionen (Kastom) und die 113 unterschiedlichen Sprachen erhalten und praktizieren sie. Vanuatu ist das Land mit der größten linguistischen Vielfalt der Erde. Sie haben Umgangs- und Lokalsprachen. Die Männer haben untereinander Varianten, die von den Frauen nicht verstanden werden und umgekehrt. Bislama ist die offizielle Sprache. Sie haben sich von der westlichen Kultur noch nicht vereinnahmen lassen, sondern sind sich treu geblieben. Und es ist gerade diese Andersartigkeit, die sie uns so interessant macht.

Die Kanaken=Menschen bringen uns eine Freundlichkeit entgegen, die wir in touristisch erschlossenen, vielbesuchten Gebieten nicht mehr in dieser Form finden. Man hat Zeit zum Plaudern, freut sich über ein Lächeln. Die kulturzerstörende Devise "time is money" hat hier noch keinen Einzug gehalten. Sie sind glücklich und leben zufrieden in ihren Traditionen " Whites have money, we have Kastom".

Mit ihrem gesunden Selbstbewusstsein erteilen sie damit der geld-und konsumorientierten westlichen Lebensweise eine klare Absage. Wie lange noch?

Noch ist Kastom für sie eine Weltanschauung, die alle Handlungen beeinflusst und das gesellschaftliche Leben durch Rituale und Tabus steuert.

Die Menschen hier haben keine Figurprobleme: es gibt keine Snacks, keine süßen Getränke, kaum fettes Fleisch- Schweine werden nur zu festlichen Anlässen geschlachtet-, dafür Fisch, Muscheln, Gemüse, Obst und Nüsse. Die Sachen kommen nicht aus dem Supermarkt sondern aus dem eigenen Garten.

Es gibt viele Plätze, die tabu sind und die wir nur ( ohne Probleme) mit besonderer Genehmigung des "Chief"besuchen dürfen, der sich über ein Gastgeschenk freut. Gern und stolz bereiten sie ein Kastomfest für uns vor und versetzen uns damit wirklich in eine andere Welt. Alle im Dorf sind sehr engagiert: die Frauen raspeln Kokosnüsse, Maniok-,Yams- und Tarowurzeln , pressen die Flüssigkeit aus der Raspelmischung, verteilen sie auf Taro-oder Bananenblätter und belegen sie mit allerlei Grünzeug, Muscheln, Fisch oder Hühnerfleisch. Dann werden die Fladen mit Kokosmilch beträufelt und mit Pandanusstreifen zu einem flachen Paket verschnürt. Laplap heißt dieses Nationalgericht.

Die Männer sorgen fürs Herdfeuer, reiben mit einem kleinen Stock so schnell gegen einen Ast, dass sich der um ihn herumgelegte Kokosbast entzündet, setzen damit aufgeschichtete Holzscheite in Brand, in deren Glut sie mehrere große und kleine Steine erhitzen. Dann graben sie ein Loch, legen die großen Steine hinein, die Laplap Pakete darauf und kleine Steine darüber.

Zuletzt wird der Erdofen mit Blättern und Koprasäcken abgedichtet. Nach dem Tanz wird das Gericht fertig sein. Bei uns nennt man es Slow Food!

Es sind archaisch anmutende Stampftänze, begleitet von beschwörenden Gesängen und dem Rhythmus dumpf dröhnender Tamtams. Tanz als uralte menschliche Ausdrucksform, nicht gezähmt und nicht geglättet. Die Frauen tragen traditionelle Röcke aus getrockneten Bananenfasern, die Männer tragen Borkengürtel und Nambas ( männliche Minimalbekleidung).

Nach dem gemeinsamen Essen und Tanzen setzen sich die Männer zum Kavatrinken zusammen, da sind Frauen nicht erlaubt. Der echte Kavatrank wird auch heute noch traditionell zubereitet: Die Wurzel des Pfefferstrauches wird von jungen Männern zerkaut, die Masse aus Kava und Speichel in einen Reissack gefüllt, über einer großen Holzschale ausgewrungen und mit Wasser versetzt

Gut ist, dass die jungen Leute selbst entscheiden wann und wen sie heiraten, danach geht es allerdings für uns unvorstellbar weiter. Die Eltern handeln dann den Preis für die Tochter in Kavawurzeln und Schweinen aus. Als Ersatz für die Tochter muss eine weibliche Person zu den Brauteltern ziehen, meist eine Schwester des Bräutigams oder aber die erstgeborene Tochter des Paares ab dem 8. bis 10. Lebensjahres. Sie muss mit den Brauteltern leben, und diese sind verantwortlich für sie. Wenn nichts dagegen spricht, darf die leibliche Mutter ihre Tochter gelegentlich besuchen und umgekehrt. Wenn man fragt, ob das nicht grausam sei, heißt es: Traditionen stellt man nicht in Frage!

Hochoben in den uralten Banjanbäumen gibt es Baumhäuser, in denen die Jungen nach der Beschneidung im Alter von 6 bis 10 Jahren abgeschieden von der Gemeinschaft leben müssen, bis die Wunden verheilt sind. Danach dürfen sie wieder ins Dorf und schlafen fortan im Haus der Männer. Die Hütten der Frauen, auch der Mütter und Schwestern, sind nun für sie tabu.

Zum Schluss möchte ich doch noch etwas über den Kannibalismus in Vanuatu schreiben. Erwiesen ist, dass Kanibalismus eher selten war und nach ganz strengen Regeln und Ritualen verlief, anders als in Fiji. Dass sie Weiße verzehrten, ist nicht bewiesen. Missionare und Reisende haben da maßlos übertrieben und verallgemeinert. Genauso könnten sie sagen, dass wir Europäer egoistisch sind und nur unserem eigenen Vorteil hinterher jagen.

Für mich visuellen Menschen ist der Traum vom Südsee Paradies hier Wirklichkeit geworden, eine faszinierende Szenerie aus sattgrünen Hängen, verwunschenen Buchten,einsamen weißen, feinmehligen Strandflecken an glasklarem türkisblauem, jadegrün schimmerndem Wasser mit einer gesunden, farbenprächtigen Unterwasserwelt und einer wild durcheinander wuchernden, verschwenderischen Pflanzenwelt- nicht zu vergessen die liebenswerten, gastfreundlichen, natürlichen und fröhlichen Kanaken(Menschen!)

So viel natürliche Schönheit und Liebenswürdigkeit hat uns des öfteren wirklich den Atem zum Stocken gebracht!


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