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Stormvogel - Tag 16: ...ich sprach von ein paar Tüten Wind...



...und nicht von einem Sturm!

Wir sind gestern Abend knapp an einer Katastrophe vorbei geschrammt und
haben jede Menge Schäden an Bord zu verzeichnen.

Das hätte mir nicht passieren dürfen. Aber im Moment sind wir noch in
der "nach Schock Phase" und werden das erlebte wohl noch länger verarbeiten.

Nachdem der Wind gestern Abend nicht wieder kam sind wir unter Motor und
vollem Großsegel in die Nacht gefahren. Wir hatten in den Nächten zuvor
immer das Groß gerefft und speziell gesichert. Dieses eine mal nicht...

Hendrik hatte Wache und sollte mich wecken, wenn Wind zum segeln kommt.

Das hat er dann auch ordentlich und gut gemacht. Als er ich weckte und
von Wind sprach habe ich irgendwie viel zu lange gebraucht wach zu
werden, die Situation einzuschätzen und vor allem Handlungen abzuleiten.

So überrennt uns mit laufendem Motor und vollem Großsegel eine lokale
Sturmfront mit mehr als 40 Knoten Wind und treibt uns vor sich her. Wir
platt vor dem Wind, ich am Ruder, unfähig zu denken.

Bloß keine Halse fahren, bloß keine Halse fahren!

Also überlege ich, das das nur eine Regenfront sein kann die bald durch
sein muss. Es dauert länger und länger, meine Konzentration lässt
schnell nach und so fahren wir bei 8 oder 9 Windstärken mit vollem Groß
etliche ungewollte Halsen (vor dem Wind wenden - sehr, sehr ungesund für
das Material bei viel Wind).

OK, das Großsegel muss weg. Irgendwie. Maschine läuft ja noch. Hendrik
ans Ruder, Heidi ins Cockpit und ich an den Mast. Anluven so weit es
geht, halt suchend um nicht bei dem Regen und den Wellen über Bord zu
gehen. Ich reiße am Segel damit es schneller fällt und bekomme das
ablaufende Drama im Cockpit erst gar nicht mit.

Dort zertrümmert die umher springende Großschot den Steuerstand.
Kompass, elektrischer Autopilot und Gashebel gehen dabei zu Bruch.

Und Hendriks linke Kniekehle wird von einem sehr, sehr harten Schlag
getroffen und macht ihn erst mal bewegungsunfähig.

In dem ganzen Chaos geht unbemerkt eine Schot über Bord und vertüddelt
sich im Propeller. Die Maschine rennt gegenan und auf einmal macht die
merkwürdige Geräusche und es stinkt nach Gummi und Öl.

Sofort Maschine aus!

Scheiße. Richtig dicke Scheiße.

(...ist ja mein Blog, da schreibe ich wie ich das will)

Nun erst mal beruhigen und sehen, wem es wie geht und was die Schäden
sind. Wir treiben derweil mit gut 3 Knoten vor dem Sturm.

OK, nun die Fock leicht raus nehmen um wieder steuerfähig zu werden.
Klappt. Mit Windfahne kommen wir sogar auf Kurs.

Heidi verfrachtet Hendrik irgendwie unter Deck und stellt das Bein
ruhig. Ich versuche mich zu beruhigen (...das hätte nicht passieren
dürfen, das hätte nicht passieren dürfen...) und klare das Cockpit auf,
soweit es eben geht.

Wir nehmen in Kauf das wir mit nur 3,5 Knoten weiter fahren, aber der
Sturm lässt immer noch nicht nach (nach nun ca. 3 Stunden) und wir
wollen das Deckshaus nicht mehr verlassen.

An diesem Morgen dann das Yankee wieder in Betrieb genommen - dessen
Backbordschoot steckt im Propeller. Steht unter Spannung und an das
Yankee Schoothorn kommt man von Deck aus nicht dran. Also musste die
aufgeschnitten und verlängert werden. Direkt am Morgen eine komplizierte
Geschichte.

Nun denn, wir haben überlebt (so wie es Heidi ausdrückt) und so langsam
komme auch ich wieder runter. Tagsüber haben wir mit sehr viel Klebeband
den Steuerstand geflickt und jetzt haben wir wieder einen Kompasss und
eine GPS Anzeige dort. Die elektrische Selbststeueranlage geht noch
nicht wieder. Ich habe zwar des gerissene Kabel geflickt aber beide
Geräte sind noch tot. Vermutlich gibt es irgendwo eine Sicherung.

Tja, und die Leine im Propeller. Bei den 5 Meter Wellen kein Gedanke an
einen Tauchgang. Muss also jetzt erst mal ohne Maschine weiter gehen.

Die MAUNIE steckte ebenfalls in diesem Mist drin - wie Graham in seinem
Block schreibt. Nur haben sie das besser gemeistert als ich...

Die nächste Nacht kommt bestimmt - looking forward. Es kann nur weiter
gehen!

623 Seemeilen to go.

Peter.


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